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Kurti und die Sangha

Ich vermisse ein wenig die Tage, an denen ich mit Kurti und seinem Hund durch die Weinberge Südfrankreichs schlenderte. Er strahlte ein sehr verständnisvolles, mitfühlendes Wesen aus. Kurti war auf seinem Fachgebiet fast eine Berühmtheit: er war Psychoanalytiker und hatte sich auf Gruppentherapie spezialisiert. Darüber unterhielten wir uns oft, denn ich meditierte nicht nur alleine, sondern ab und zu auch in einer Sangha, mitten in einer Gemeinschaft von Meditierenden. Es war ein Unterschied. Kurti lächelte, als ich ihm davon erzählte. „Was hast du denn gefühlt?“, fragte er mich, während er auf seinen Hund sah, der zwischen den Weinreben schnüffelte. Wahrscheinlich war wieder irgendwo ein Wildschwein durchgelaufen und die feine Nase des Hundes roch die Spur. Was hatte ich gefühlt? „Es war ein Gefühl der Geborgenheit, das irgendwie glücklich machte“, antwortete ich Kurti auf seine Frage, „wir waren offenbar über eine besondere Ebene miteinander verbunden.“ Kurti bestätigte, dass er das in seinen Gruppensitzungen mit den Patienten auch spürte. Es sei das Gefühl der Geborgenheit und des geschützten Raumes, das schließlich auch zu einem Therapieerfolg führe. Das Herauslösen aus den konfliktbehafteten Sozialgfügen, denen die Patienten sonst ausgesetzt sind, sei sehr heilsam.

Studien bewiesen, dass beispielsweise bei einem kirchlichen Gottesdienst Ähnliches geschieht. Die Menschen kommen zu einem bestimmten Zweck zusammen. Jeder schleppt dabei seine Probleme oder auch seine Dankbarkeit in den sakralen Raum. Die Tür wird geschlossen und alle bilden eine neue Gemeinschaft für die Dauer einer Stunde. Es scheint dabei so zu sein, dass wir in diesem Augenblick in mehreren Welten gleichzeitig leben: einmal in der physischen Welt (der Mensch, der in der Kirchenbank sitzt) und in einer Art höherem Selbst, das sich im Gottesdienst mit allen anderen zu einer Einheit verbindet. Daher kommen die Gefühle, die wir für wahr halten (und es vielleicht auch sind), während des Gottesdienstes. Es ist die Empfindung des Übernatürlichen. Aber wir sind es eigentlich nur selbst, als geistige Wesen, als die wir auch in der Welt existieren.

Kurti hatte erkannt, dass die Patienten sich in der Gruppentherapie eigentlich gegenseitig selbst heilen. Was ja sehr schön ist.

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