Meditation

Ist die Stille tatsächlich still?

Sicher wird Diogenes in seinem antiken Tinyhouse, dem kleinen Tönnchen, ein wenig Stille genossen haben, um über das Sein nachzudenken. Bekanntermaßen störte ihn nur Alexander, der sich frech in den Eingang der Tonne stellte, so dass es dunkel wurde. Kein Wunder, dass unser griechischer Denker unmutig ausrief: »Geh mir aus der Sonne!«

Nun ja – wenn Sie heute Stille finden wollen, dann empfehle ich einen schönen Waldweg bei Regen. Das gleichmäßige Rauschen des Regens, wenn er auf die Blätter fällt, schafft Stille, auch wenn der Spaziergänger ihn hört. Denn Stille ist mehr als die Abwesenheit von Geräuschen. Natürliche Geräusche können in uns Stille hervorrufen. Genauso wie Räume mit sanften, gedeckten Farben wie sie in der Natur vorkommen.

Und was ist mit Musik

»Musik wir oft nicht schön empfunden, weil sie stets mit Geräusch verbunden«, sagte schon Wilhelm Busch. Aber er kannte ja auch noch nicht den Komponisten John Cage. Eine berühmte Komposition von ihm wurde 1952 uraufgeführt. Und zwar so:

Der Pianist David Tudor schreitet langsam zu seinem Flügel. Das Publikum ist voller Erwartung. Er dreht sich an seinem Flügel noch einmal um und verbeugt sich vor dem Publikum, anschließend setzt er sich an sein Musikinstrument. Er rückt sich noch einmal zurecht. Aus dem Publikum ist ein leichtes Räuspern zu hören. Der Pianist bleibt sitzen, er rührt keinen Finger, nimmt die Hände nicht hoch zu den weißen und schwarzen Tasten seines Flügels. Das Publikum räuspert immer heftiger, der eine oder andere beginnt zu hüsteln, ein Unmutszischeln ist zu vernehmen. Die Zeit vergeht, nichts passiert. Nach exakt vier Minuten und dreiunddreißig Sekunden steht der Pianist auf, dreht sich zum Publikum und verbeugt sich. Das Stück wurde so in der Maverick Concert Hall in Woodstock, New York uraufgeführt. Es war ein Stück des Komponisten John Cage, der es gewagt hatte »die Stille«, das Tonlose zu spielen. Cage hatte sich mit dem Zen-Buddhismus beschäftigt und möglicherweise hatte ihn das zu dem tonlosen Stück inspiriert. Die Uraufführung löste einen Skandal aus, hatte das Publikum doch einen Musikgenuss erwartet und fühlte sich betrogen, weil es Stille geboten bekam.

Meditation mit Geräusch

Dieses Stück hat den Charakter einer Meditation, dass das Publikum hätte genießen können. Aber die Erwartung störte sie daran, diese Meditation in der Gegenwart auf sich wirken zu lassen. Bei einer Meditation im Sitzen gibt es eine andere Möglichkeit vor allem innere Stille zu finden. Sie merken schon, Stille ist nicht gleich Stille und hat nicht immer etwas mit einer vollkommenen Geräuschlosigkeit zutun. Die Erde selbst gibt einen permanenten Brummton von sich. Die Eigenfrequenz der Erde ähnelt dem Klang, wenn eine riesige Glocke ausschwingt. Er wurde von den Wissenschaftlern 1998 entdeckt und „Hum“ genannt.

Hier ist eine Aufnahme des „Hum“ aus Taos, New Mexico. Beim Anhören muss die Lautstärke ein wenig angehoben werden, weil der Ton so tief ist.

Tibetische Mönche versuchen sich übrigens, seit dem 5. Jahrhundert n.Chr., mit diesem Ton durch das Aussprechen von »Om« (gesprochen „Aum„) zu synchronisieren.

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